Grundlagen 5: Was ist ein Kondensator?
Allgemeines
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Was ist ein Kondensator?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns mit den elektrischen Ladungsträgern beschäftigen:
Es gibt zwei Arten von Ladungsträgern, positive und negative. (Dies ist physikalisch nicht ganz korrekt,
trifft den Kern der Sache aber ziemlich genau.) Nun sind in einem elektrischen Leiter genau so viele positive
wie negative vorhanden, so daß man von außen nichts merkt. Beide Ladungsträgerarten ziehen sich
gegenseitig an, und so kann auch keiner aus einem Leiter so ohne weiteres herausfließen.
Ab hier stellen wir in unseren Zeichnungen nur noch die Überschüsse an Ladungsträgern dar.
Nur diese sind wichtig für das Funktionieren und das Verständnis hierfür.
Eine Spannungsquelle trennt nun die beiden Ladungsträgerarten so, daß sich an einem Pol mehr positive
(Plus-Pol) und am anderen mehr negative (Minus-Pol) Ladungsträger befinden; s. Bild links.
Prinzip des Kondensators:
Nimmt man zwei große Metallplatten und stellt sie sehr dicht nebeneinander, ohne daß sie sich
berühren, so kann man folgendes Experiment machen:
Schließt man an die Platten eine Spannungsquelle an, so verteilen sich deren positive wie auch die negativen
Ladungsträger auf ihren jeweiligen Leitungsdrähten bis auf die Platten. (Die jetzt an der
Spannungsquelle 'fehlenden' Ladungsträger werden von ihr sofort erzeugt und nachgeliefert.) An den Platten
ziehen sich die negativen und die positiven Ladungsträger auch durch die Isolation hindurch gegenseitig an.
Das geschieht um so intensiver, je dichter die Platten zusammenstehen. Nimmt man jetzt die Spannungsquelle weg, so
bleibt auf der einen Platte der Überschuß an positiven und auf der anderen Platte der Überschuß
an negativen Ladungsträgern bestehen. (Wo sollen sie denn auch hin??) Dies kann man dadurch feststellen,
daß man zwischen den beiden Platten (jedenfalls kurzfristig) eine Spannung messen kann.
Der Kondensator täuscht also einem Ladungsträger die Anwesenheit eines 'Partners' vor, der aber nicht in
demselben Leiter sitzt, sondern ganz dicht in der Nähe, durch einen Isolator getrennt. Der Kondensator
fängt also mit seiner Konstruktion Ladungsträger ein und kann sie speichern.
Nun kann man sich gut vorstellen, daß, je dünner die trennende Schicht ist, um so stärker die
Anziehungskräfte sind, und, je größer die Flächen sind, um so mehr Ladungsträger sich
darauf unterbringen lassen, bei derselben Spannungshöhe.
Beim Anlegen einer Spannungsquelle an einen Kondensator fließt tatsächlich ein Strom in den
Kondensator, ohne daß eine elektrisch leitende Verbindung existiert. Diesen Strom nennt man auch den Ladestrom
des Kondensators. Dieser Strom hört auf zu fließen, wenn die Spannung am Kondensator so hoch ist wie
die an der Spannungsquelle.
Nehmen wir als Vergleich wieder mal den Wasserschlauch: Ein Kondensator entspricht einem Eimer. Je größer
die Bodenfläche ist, um so mehr Wasser paßt hinein. Die Menge Wasser, die ein Eimer speichern kann,
hängt von seiner Bodenfläche ab und von der Höhe des Wasserspiegels im Eimer (wobei wir hier annehmen,
daß der Eimer genügend hoch ist; falls nicht, s. ganz unten). Nehmen wir weiter an, daß der
Schlauch nicht beliebig dick ist (s. auch bei
Widerstand),
dann braucht es einige Zeit, bis der Eimer 'voll' ist, wobei die Höhe des Wasserspiegels (= Druck auf den Boden)
der elektrischen Spannung entspricht.
Kapazität:
Die Kapazität (= Fassungsvermögen) eines Kondensators wird in Farad (F, zu Ehren von Michael Faraday)
gemessen. Definition: Ein Kondensator hat die Kapazität von 1 F, wenn ich für 1 Sekunde einen Strom von
1 Ampere hineinschicke und dann die Spannung um 1 Volt angestiegen ist (bitte wieder an einen volllaufenden Eimer
denken). Ist der Kondensator 2 F groß bzw. hat der Eimer die doppelte Bodenfläche, so ist die Spannung
nach dem gleichen Laden wie oben beschrieben nur halb so hoch, genau wie auch der Wasserstand im Eimer nur halb so
hoch ist.
1 Farad ist also 1 Amperesekunde pro Volt.
Die Gesamtmenge der Ladungsteilchen, die in einem Kondensator gespeichert sind, nennt man 'Ladung'. Diese entspricht
der Wassermenge im Eimer, wobei dessen Grundfläche der Kapazität entspricht und die Höhe der
elektrischen Spannung. Wie beim Eimer ist also die Ladung des Kondensators = Grundfläche × Höhe,
also ist die Ladung
Q = C × U.
Ganz einfach. Und (immer wieder der Eimer!) die Ladung entspricht der Wassermenge, die in den Eimer geflossen ist;
elektrisch ist das Strom × Zeit. Wenn wir die Zeit mit 't' bezeichnen, wird die Ladung
Q = I × t.
Dies werden wir weiter unten brauchen, wenn es um Wagenbeleuchtungen geht.
Parallel- und Reihenschaltung:
Diese Betrachtung führt uns zu den Eigenarten von Parallel- und Serienschaltungen von Kondensatoren.
Nehmen wir zwei Kondensatoren von je 1 F, die an beiden Beinchen verbunden sind, und schicken in diese Anordnung
eine Sekunde lang einen Strom von 1 A hinein, dann verteilt sich der Strom je zur Hälfte auf die beiden
Kondensatoren. Dann ist, wie beim Wasser, jeder 'Eimer' nur halb so voll wie wenn er allein angeschlossen wäre.
S. dazu auch das oben unter 'Kapazität' gesagte. Beim Wasser wie bei der Elektrizität addieren sich also
die Kapazitäten, wenn die 'Eimer' parallel geschaltet sind (also anders als bei den Widerständen).
Bei der seriellen Schaltung wird die Betrachtung etwas schwieriger. Wir müssen daran denken, daß der
durch die Anordnung geschickte Strom überall gleich groß ist. Wenn wir jetzt jeden Kondensator einzeln
betrachten, dann 'sieht' jeder einen Strom von 1 A durch sich hindurchfließen; woher der kommt und wohin er
fließt, ist ihm völlig egal. So baut jeder Kondensator für sich eine Spannung von 1 V auf. An der
gesamten Schaltung ist demnach eine Spannung von 2 V meßbar. Das bedeutet aber nach unserer Definition,
daß die Gesamt-Kapazität nur noch halb so groß ist! (Also auch hier wieder anders als bei den
Widerständen!)
Anwendungsgebiet:
In der beschriebenen Eigenart, Spannungen zu speichern, werden im Modellbahnbetrieb Kondensatoren hauptsächlich
in Netzteilen verwendet. Netzteile sind Einrichtungen, die aus der Netzspannung (230 Volt Wechselspannung) eine
ungefährliche Gleichspannung von (beispielsweise) 15 Volt machen. Der Transformator wandelt die 230 Volt
in ca. 15 V (Wechselspannung: Scheitelspannung) um; diese wird mit einem Gleichrichter in Gleichspannung umgewandelt.
Leider ist diese Gleichspannung keine 'gleichförmige' Gleichspannung; sie schwankt zwischen Null und dem
Maximalwert. Hierzu s. auch bei Wechselspannungen in
Grundlagen 1.
Um dieses Schwanken abzustellen, wird ein Kondensator eingesetzt. Ist die Gleichspannung hoch, wird der Kondensator
aufgeladen, ist sie niedrig, gibt der Kondensator Energie ab und verliert dadurch an Spannung, die dann beim
nächsten Spannungsanstieg wieder nachgeladen wird.
Bauarten und Größen:
Kondensatoren in der oben beschriebenen Ausführung haben Kapazitäten von einigen pF, das sind
billionstel Farad. Um die Fläche zu vergrößern, werden Aluminium-Folien zusammen mit
hauchdünnen, tausendstel Millimeter dicken Isolierfolien aufgewickelt. So erreicht man millionenfach
höhere Kapazitäten, im µF-Bereich, das sind (aber immer noch nur) millionstel Farad.
Noch größere Kapazitäten werden durch die Verringerung der Dicke der Isolierschicht erreicht,
indem die Oberfläche mit einer isolierenden Oxid-Schicht überzogen wird. Diese Schicht ist nur noch
einige Atomschichten dick. Mit dieser Technologie kommt man in die Nähe der Kapazität von 1 Farad.
Dieser Bautyp heißt 'Elektrolytkondensator' oder kurz 'Elko'. Bei diesem Typ muß unbedingt auf die
Polarität der angelegten Spannung geachtet werden; ansonsten wird er zerstört. Er ist im Schaltbild
dadurch gekennzeichnet, daß der Pluspol 'hohl' gezeichnet wird, s. Bild links.
Der 'Extremist' unter den Kondensatoren wird Goldcap genannt. Wir haben dieser Bauart einen
eigenen Beitrag
gewidmet.
Im Bild rechts sehen Sie links einen keramischen Kondensator mit dem Aufdruck 104. Das sind (Code wie beim
Widerstand) 1 - 0 - 4 Nullen, also 100000 pF. (Das "pF" muß man wissen). Daneben ein
Folien-Kondensator mit dem Aufdruck µ1 100. Das sind 0,1 µF mit Spannungsfestigkeit 100 V. Dann kommt ein
Elko mit Aufdruck 10µF 16V. Das ist (endlich mal) Klartext. Das Plus-Bein ist etwas länger als das andere;
das Minus-Bein ist durch einen Aufdruck gekennzeichnet (das sieht man auf dem Foto nicht). Bei dem folgenden Goldcap
ist der Wert auf den Rand gedruckt und nur halb zu sehen: 5,5V 0.10F. Gut erkennbar ist die Prägung auf dem
Anschluß-Pin, die das Minus-Bein kennzeichnet. Ganz rechts ist ein Tantal-Elko zu sehen mit der Aufschrift
1µ0 (= 1µF) und der Kennzeichnung des Plus-Beinchens per Aufdruck.
Klicken Sie auf das Bild: dann wird's deutlicher.
Rechenbeispiel:
Wir wollen ein Netzteil bauen, dessen Gleichspannung maximal 15 V und minimal 13 V betragen darf, bei einem
maximalen Strom von 1 Ampere. Der Gleichrichter soll ein
Brückengleichrichter
sein. Die Netzfrequenz beträgt, wie überall in Deutschland, 50 Hz.
Vorsicht! Wir betrachten hier nur den Kondensator im Netzteil, nicht den unbedingt nötigen Transformator oder
den Gleichrichter.
Der Kondensator muß also einen Strom von 1 A zwischen den Spitzen der gleichgerichteten Wechselspannung
abgeben können, das ist also für eine Zeit von nicht ganz 10 ms (oder: 1/100 Sekunde). Weiter oben hatten
wir definiert:
"Ein Kondensator hat die Kapazität von 1 F, wenn ich für 1 Sekunde einen Strom von 1 Ampere
hineinschicke und dann die Spannung um 1 Volt angestiegen ist."
Ob ein Kondensator geladen oder entladen wird, ist, mathematisch gesehen, nur eine Frage des Vorzeichens.
In unserem Beispiel darf die Spannung sogar um 2 Volt sinken: also braucht der Kondensator auch nur halb so
groß zu sein; und die Entlade-Zeit dafür dauert nur 1/100 Sekunde: also braucht der Kondensator auch
nur 1/100 so groß zu sein. Ohne viel Rechnen kommen wir auf 1/200 Farad, das sind 5/1000 F, oder, in
gängigen Dimensionen ausgedrückt, 5000 µF. So einen Kondensator (mit 4700 µF) kann man im
Geschäft kaufen, sollte aber bei der Spannungsfestigkeit (s. oben: die nur atomdickenstarke Isolierung) darauf
achten, daß der Kondensator mindestens 25 Volt 'aushalten' kann. Bekommt er zu viel Spannung, so versagt die
Isolierung, und ein sehr hoher Strom fließt durch das defekte Bauteil. Der Elko erwärmt sich stark und
kann explodieren (der Eimer läuft über), und seine Innereien machen in der Umgebung einen ganz
schönen 'Schweinkram'. Hier sei an die Wasserspiele mit dem Eimer erinnert. Ein zu niedriger Rand
entspräche hier einer zu niedrigen Spannungsfestigkeit. Und - an die Polung des Bauteils denken:
+ an +, und - an -. Anderenfalls nimmt der Elko es sehr übel.
In der Zeichnung ist in Rot die gleichgerichtete Wechselspannung dargestellt, und in Blau die Spannung am
Kondensator. Solange die rote Spannung unterhalb der blauen liegt, ist allein der Kondensator für die
Spannungsversorgung zuständig. Die Entladezeit beträgt ca. 8,2 ms und die Ladezeit etwa 1,8 ms.
Entsprechend hoch wird der Ladestrom sein, ca. 5,5 A. Dafür muß der Gleichrichter ausgelegt sein; der
Trafo wird diese Stromspitzen vertragen können.
Noch ein Rechenbeispiel:
Wir wollen z.B. eine Wagenbeleuchtung bauen, die bei Stromunterbrechungen die Lichthelligkeit 'halten' kann. Nun
erhebt sich die Frage, ob so etwas überhaupt möglich ist und wie lange. Kondensatoren haben bei
großen Kapazitäten einen erheblichen Platzbedarf. Bei der Baugröße H0 ist bei ca.
500 µF Schluß. Diese Bauteile lassen sich dann nicht mehr so einfach 'verstecken'. Zum Glück gibt
es eine Sonderbauart des Kondensators, den 'Goldcap', der bei geringer Größe Kapazitäten von 1 F
haben kann, also 2000-mal so viel wie der zuvor genannte. Leider kommt ein 'Pferdefuß': die maximale
Spannung, die so ein Bauteil aushalten kann, ist 5,5 Volt.
Nehmen wir an, wir könnten die Fahrspannung auf 5 Volt begrenzen, und wir hätten ein Glühlämpchen,
das bei dieser Spannung ausreichend hell ist: was würde es bringen, wenn wir einen Goldcap in den Wagen
einbauten?
Das Lämpchen braucht einen Strom von etwa 50 mA. Dann würde es etwa 20 Sekunden dauern, bis die Spannung
am Goldcap von 5 auf 4 Volt abgefallen ist. (Die Ladung, die herausgezogen wird, ist 0,05 A × 20 sec; das
entspricht einer Ladung von 1 F × 1 Volt.) Natürlich wird das Lämpchen dabei schon merklich
dunkler; aber es leuchtet noch. Bei einem Kondensator von 500 µF wäre die Zeit nur 1/2000 so groß,
also nicht mehr wahrnehmbar. Daher kommen für Beleuchtungen nur Goldcaps infrage.
Eine Wagenbeleuchtung mit 10 weißen LEDs würde mit einer Spannung von 3 Volt und einem Strom von 10 mA
auskommen. Die Zeit, einen Kondensator (von 1 F) von 5 Volt auf 3 Volt mit einem Strom von 10 mA zu entladen,
würde ganze 200 sec (1 F × 2 Volt / 0,01 A) betragen. So lange hält kaum ein Zug im Bahnhof.
Für die ganz Hartgesottenen: Es ist dem Autor durchaus bekannt, daß der Strom mit fallender Spannung
kleiner wird. Das ergibt aber komplizierte Berechnungen, die den Rahmen bei 'Grundlagen' sprengen würden.
Für eine grobe Schätzung reicht es allemal.
Falls Sie Lust auf mehr Informationen haben:
Was macht ein Kondensator bei Wechselstrom?
Für weitere Fragen stehen gern zur Verfügung:
- der MEC; Besichtigung und Fachsimpelei z.B. an unseren "Club-Abenden"
- der Autor: Hans Peter Kastner
Version vom: 16.02.2021; erstellt am: 15.04.2005
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