Grundlagen 14: Was ist ein Goldcap?
Ein Goldcap ist ein speziell 'gezüchteter' Kondensator mit einer extrem hohen Kapazität. Wir gehen hier
davon aus, daß Sie den Artikel
Was ist ein Kondensator?
gelesen haben.
In dem Bestreben, einem Kondensator immer mehr Oberfläche zu geben und dabei den Abstand der Elektroden immer
weiter zu verkleinern, wurde der Goldcap erfunden. Er basiert auf einem Aktivkohle-Material, das pro Gramm eine
Oberfläche von mehreren 1000 m² haben kann, wobei der Elektrodenabstand nur wenige Atomlagen dick ist.
Wenn Sie Näheres wissen wollen, schauen Sie bei
wikipedia
nach.
Der Goldcap ist also auf allerhöchste Kapazität getrimmt und hat dafür leider auch einen Nachteil:
vor lauter 'Oberfläche' ist der Weg des Stroms (innerhalb des Kondensators) von dem Anschlußbein
zur eigentlichen 'Oberfläche' ins Hintertreffen geraten. Das bedeutet, daß die dicken Drähte
innerhalb des Bauteils fehlen, und daß daher die Elektronen sich durch ein sehr dünnes Material bis zu
ihrem Ziel, der eigentlichen Oberfläche, durchkämpfen müssen. Zu allem Übel sind auch noch die
Wege unterschiedlich lang.
Daher ist das Bauteil nicht für hohe Lade- und Entladeströme gebaut, sondern eher als Ersatz gedacht
für kleine Knopfzellen, die z.B. CMOS-Schaltungen am Leben halten müssen.
Da die Wege der Elektronen im Goldcap unterschiedlich weit sind, kann man nicht generell einen Widerstand angeben,
der für alle Elektronen gültig ist. Um ein Gefühl für dessen Größe zu bekommen,
machen wir einen Versuch:
Dazu benötigen wir einen Goldcap (1 Farad), eine Spannungsquelle (4,5-Volt-Batterie), einen Widerstand
(1kΩ) und ein hochohmiges Digitalvoltmeter.
Schließen wir den Kondensator nur für einige Sekunden (natürlich polrichtig!!) ohne den Widerstand
direkt an die Batterie an und messen dann die Spannung am Goldcap, so ist die Enttäuschung groß: er ist
so gut wie nicht aufgeladen; jeder andere Kondensator hätte sofort die volle Batteriespannung erreicht. Aber
nach einer Minute Ladezeit ist die Spannung schon recht hoch. Nehmen wir jetzt den Goldcap von der Spannungsquelle
und messen an seinen Pins, so ergibt sich nach einiger Zeit eine gleichbleibende Spannung von, sagen wir, 4 Volt.
Halten wir jetzt den Widerstand an die Anschlüsse, so sackt die Spannung langsam um etwa 0,1 Volt ab; nehmen
wir den Widerstand wieder weg, so steigt die Spannung, wieder langsam, auf etwa den alten Wert. Erstaunlich; so
etwas gibt es bei 'normalen' Kondensatoren nicht.
Wir hatten seinerzeit einen Kondensator mit einem Wassereimer verglichen und hatten dabei (wie auch beim elektrischen
Bruder) die Zuleitungen außer Acht gelassen. Dies geht nun beim Goldcap nicht mehr. Stellen Sie sich einen
Haufen von kleinen Eimerchen vor, die mit hauchdünnen Röhrchen (die auch noch alle unterschiedlich lang
sind) untereinander und mit einem zentralen Anschluß verbunden sind. Entnehme ich Wasser, so laufen erst die
vordersten Eimerchen leer, und der Druck (= elektrische Spannung) sinkt. Schließe ich jetzt den Zapfhahn,
haben die weiter hinten liegenden Eimerchen die Gelegenheit, die vorderen langsam wieder aufzufüllen, und deren
Wasserhöhe gleicht sich (langsam) aus. Aber genau das haben wir bei dem elektrischen Versuch gerade eben auch
festgestellt.
Das elektrische Ersatzschaltbild eines Goldcaps ist ein Kondensator mit einem in Reihe geschalteten Widerstand.
(Eigentlich gehört auch noch ein zum Kondensator parallel geschalteter Widerstand dazu, der die
Selbstentladung darstellt, dazu. Diese ist aber sehr gering, so daß wir ihn hier der Einfachheit halber
weglassen.)
Dieser Widerstand (Ri) verringert die meßbare Kondensator-Spannung, wenn Strom durch ihn hindurch fließt.
Deshalb haben wir in dem obigen Versuch ein hochohmiges Voltmeter verwendet, das beim Messen (fast) keinen Strom
fließen läßt. Somit ist die Klemmenspannung (fast) gleich der Spannung am Kondensator. Wenn ich
einen 1-kΩ-Widerstand an die auf 4 Volt aufgeladenen Klemmen halte, so fließt (erst einmal, ohne den Ri
zu berücksichtigen) ein Strom von 4 Volt / 1000 Ω = 4 mA. Wenn, wie beobachtet, die Spannung an den
Klemmen um 0,1 Volt absackt, bedeutet das, daß der Ri den Wert von ungefähr 100 mV / 4 mA = 25 Ω
hat.
Wichtig für uns ist nun, daß der Wert viel größer als 1 Ω ist, aber wesentlich weniger
als 100 Ω.
Die Zeitkonstante τ, das ist der Wert, in der der Kondensator auf 63% der angelegten Spannung aufgeladen ist,
ist τ = R × C, also 25 × 1 = 25 sec. Auch das entspricht in etwa unseren Beobachtungen beim obigen
Lade- und Entlade-Versuch. Im praktischen Gebrauch bedeutet das, daß der Goldcap erst nach 25 Sekunden
Ladezeit auf 63% seiner Ladung gekommen ist, und nach über einer Minute erst auf etwa 95%!
Was passiert bei hohen Strömen?
So mancher wird sich schon geärgert haben: Um das Flackern der Innenbeleuchtung eines Personenwagens zu
unterdrücken, sollen Kondensatoren eingebaut werden. Über manche Versuche mit normalen Kondensatoren
(deren Kapazität reichte einfach nicht aus) hat man dann das Wunderding 'Goldcap' eingebaut - und schon wieder
war Frust angesagt, weil die Beleuchtung, etwas weniger vielleicht, aber immer noch flackerte.
Nun wissen wir auch, warum.
Erstens braucht es eine recht lange Fahrzeit (etliche Minuten), bis der Goldcap 'voll' ist, aber dann kommt die
Schmutzstelle: nun muß der Goldcap den vollen Beleuchtungsstrom von, sagen wir, nur 50 mA (= 1 Lämpchen)
abliefern, aber an dem Innenwiderstand bleiben 50mA × 25Ω = 1,25 Volt 'hängen'. Dieser Einbruch
wird deutlich als Flackern wahrgenommen; schon daher, weil man nun besonders genau hinschaut und hofft, das
Übel endlich abgestellt zu haben.
Zusammenfassung:
Ein Goldcap ist zwar ein Kondensator mit extrem hoher Kapazität, ist wegen seines hohen Innenwiderstandes
jedoch nur dort einsetzbar, wo sehr geringe Ströme fließen.
Probleme:
Es scheint jedoch so zu sein, daß ein Goldcap, nicht so wie ein normaler Kondensator, "ewig" lebt.
Nach einigen Jahren nimmt sein Innenwiderstand merklich zu. Wenn dies für eine Anwendung hinderlich ist, wird
man ihn austauschen müssen.
In diesem Artikel ging es nur darum, die Eigenschaften eines Goldcap zu beschreiben; was er kann und was nicht.
Selbstverständlich gibt es Verfahren, eine
flackerfreie Innenbeleuchtung
zu bauen. Aber dies war hier nicht das Thema.
Für weitere Fragen stehen gern zur Verfügung:
- der MEC; Besichtigung und Fachsimpelei z.B. an unseren "Club-Abenden"
- der Autor: Hans Peter Kastner
Erstellt am: 08.08.2006; Version vom: 14.09.2015
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