Grundlagen 10: Was ist eine Induktivität?

verschiedene L Zunächst ein paar Unterscheidungen:
Ein elektrisches Bauteil, das im Wesentlichen aus einem Wickelkörper mit einer Wicklung aus Kupferdraht besteht, wird je nach Verwendungszweck als Drossel, Induktivität oder Spule bezeichnet. Entsprechend gibt es auch unterschiedliche Schaltbilder: links eine Spule, die normalerweise für Hochfrequenz-Anwendungen (z.B. Rundfunk) benutzt wird, mit wenigen Windungen und einem veränderbaren Eisenkern; dann eine Induktivität (mit sehr vielen Windungen, aber ohne Eisenkern ("Luftspule"); rechts ein Arbeitsmagnet, wie er typischerweise als Relais-Antrieb verwendet wird.

Verwendungszweck: mechanische Kräfte ausüben
Hier dient die Spule dazu, ein Magnetfeld zu erzeugen, mit dem mechanische Kräfte auf magnetisch aktive Materialien, wie z.B. Eisen, ausgeübt werden. Beispiele hierfür sind: Relais, Elektromotoren oder Lautsprecher, nicht zu vergessen Weichenantriebe, Hupen und Türklingeln. Wir wollen sie hier nicht weiter betrachten.

Trafo
Verwendungszweck: galvanisch getrennte Energieübertragung
Wickelt man zwei oder mehr Spulen auf ein- und denselben Eisenkern, so erhält man einen Transformator, s. dort.

Verwendungszweck: Wechselströme beeinflussen
Auch hier gibt es noch eine Spezial-Bezeichnung: die Drossel. Sie dient der Filterung in energiereichen Anwendungen, um hochfrequente Störungen fernzuhalten.
'Induktivität' ist jedoch der allgemeinere Begriff. Sie wird hauptsächlich in Wechselstrom-Kreisen betrieben, wobei das Ziel ist, durch das wechselnde Magnetfeld in ihren eigenen Windungen eine Spannung zu erzeugen. Diese Spannung ist der treibenden Spannung entgegengerichtet und zudem frequenzabhängig, so daß ganz allgemein eine Induktivität eine Art Widerstand ist, der mit der Frequenz größer wird. Dieser Widerstand 'verbraucht' jedoch keine elektrische Energie, wird also im Betrieb nicht warm.
Wie das?
Eine Induktivität setzt (wir haben es beim Transformator schon angedeutet) einen fließenden Strom in ein Magnetfeld um und umgekehrt. Dies ist zu dem bisher Gesagten kein Widerspruch: auch ein Gleichstrom, den ich einschalte, ist in diesem Moment ein Wechselstrom; und wenn ich ihn ausschalte, ebenso.
Dies wirkt sich so aus, daß immer, wenn sich der Strom vergrößert, etwas Energie zum Aufbau des Magnetfeldes 'abgezweigt' wird, und immer, wenn sich der Strom verringert, ein Teil des Magnetfeldes in elektrische Energie zurückverwandelt wird.
Schwer zu beschreiben, schwer zu verstehen!
Versuchen wir es mal wieder einmal mit der Wasserleitung: in einem fließenden Wasser (z.B. in einem Wasserschlauch) steckt erhebliche Energie; nicht nur in Form von Wasserdruck, sondern auch von Bewegungsenergie. Mit dieser kann ich z.B. ein Wasserrad (oder eine Turbine) antreiben usw. Prallt der Strahl auf ein Hindernis, wird seine Bewegungsenergie wieder in Druck umgewandelt. Man merkt's.
Im Vergleich mit der Elektrotechnik ist Druck = Spannung und Strömung = Strom. Eine Induktivität ist tatsächlich ein Gerät, das einen elektrischen Strom konstant zu halten versucht. Im Vergleich mit einem Kondensator sind Strom und Spannung vertauscht. Daher gilt die Ladefunktion eines Kondensators auch für eine Induktivität, nur wird hier der ansteigende Strom dargestellt. Das Kurzschließen eines geladenen Kondensators erzeugt einen sehr hohen Strom an seinen Klemmen; das Unterbrechen des Stroms an einer Induktivität erzeugt eine sehr hohe Spannung an ihren Klemmen. Dies wird z.B. im Auto bei der Zündspule angewendet.
Ein Experiment dazu: Man kann sich davon auf einfache Weise überzeugen, indem man ein irgendein ganz normales Relais an eine Gleichspannung anschließt. Wenn man dann während des Abschaltens an die Spulenklemmen faßt, erhält man einen deutlichen elektrischen Schlag. Dies ist auch der Grund dafür, daß bei allen elektronischen Ansteuerungen von Relais-Spulen eine sog. Freilaufdiode eingebaut werden muß;. Ansonsten würde die hohe Induktionsspannung in der Umgebung viel Schaden anrichten.

Wirkungsweise einer Freilaufdiode:
Rel ein Rel aus In der Zeichnung links erkennen wir eine Relais-Spule, die vom Strom I durchflossen wird. An der Spule liegt die Versorgungsspannung an, mit der eingezeichneten Polarität. Die Diode sperrt. In der rechten Zeichnung wurde gerade die Spannung abgeschaltet. Das Magnetfeld der Spule bricht zusammen und versucht dabei, den Strom I aufrecht zu erhalten. Die Spule wirkt somit als Spannungsquelle mit der eingezeichneten, umgekehrten Polarität. Die Diode leitet nun und bietet dem Strom eine Möglichkeit weiterzufließen. Die gespeicherte Energie wird in dem Drahtwiderstand der Spule restlos in Wärme umgesetzt. Die Spannung an der Spule ist genau so hoch wie die Flußspannung an der Diode, also etwa 0,7 Volt. Dadurch, daß der Spulenstrom nun für kurze Zeit weiterfließen kann, verzögert sich auch das Abfallen des Relais. Aber das wird im Normalfall unmerklich sein.

Berechnungen:
Wir hatten es schon gesagt: Man kann eine Induktivität ganz entfernt mit einem Kondensator vergleichen, wenn man sich Strom und Spannung vertauscht denkt. Das bedeutet:

Ein Kondensator ist ein Speicher für Spannungen, eine Induktivität speichert Ströme.

Die Dimension für Induktivität ist Henry (H). Sie ist wie folgt definiert: Ändere ich den Strom durch eine Induktivität um 1 Ampere und steht dann nach 1 Sekunde eine Spannung von 1 Volt an den Klemmen an, dann hat sie einen Wert von 1 H. 1 H ist also dasselbe wie 1 Vs/A.
Die Ladefunktion ist die gleiche wie beim Kondensator.
Die Zeitkonstante τ = R × 2π × f × L.
Der Scheinwiderstand ist X = 2π × f × L.

Auch in der Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung muß man sich die Werte vertauscht denken.
Siehe dazu Was macht ein Kondensator bei Wechselstrom
und Wir drehen uns im Kreis.

LR-Tiefpaß Ein Tiefpaß würde so realisierbar sein:

Für weitere Fragen stehen gern zur Verfügung:
- der MEC; Besichtigung und Fachsimpelei z.B. an unseren "Club-Abenden"
- der Autor: Hans Peter Kastner

Version vom: 04.12.2022; erstellt am: 15.04.2005
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