Tips&Tricks 24: Bistabiles Relais mit Minimalaufwand
Jeder kennt Schaltungen, in denen ein Relais sich mit einem eigenen Kontakt selber angezogen halten kann und mit
einer Stromunterbrechung wieder zum Abfallen gebracht werden kann. Das hat aber den Nachteil, daß dazu ein
eigener Relais-Kontakt "verbraucht" wird, der dann für andere Zwecke nicht zur Verfügung steht.
Bild links: Auch kann die Verwendung eines Tasters mit einem Ruhekontakt (der unbedingt zum Abschalten benötigt wird)
Probleme bereiten, weil der normalerweise ein Sonderfall ist und man ihn daher nicht unbedingt im Vorrat hat.
Bild rechts: Der Einsatz eines Transistors macht die Verwendung der Taster zwar einfacher, kompliziert aber die
Schaltung.
Mit diesem Tip hier wollen wir zeigen, daß es auch anders geht, und zwar viel einfacher, ohne
"Verbrauch" eines Relaiskontaktes und ohne Benutzen eines Tasters mit Ruhekontakt. Dabei machen wir uns
die Tatsache zunutze, daß jedes Relais eine Anzugsspannung besitzt, die weit unterhalb der Nennspannung liegt;
und eine Haltespannung, die wiederum weit unterhalb der Anzugsspannung liegt, s. Bild rechts. Dort ist senkrecht
die Spannung eingetragen; links die oben beschriebenen Kennwerte und rechts die Reaktion des Relais. Dieser
Zusammenhang gilt für jedes Relais.
Wir greifen zur Anschaulichkeit etwas vor und haben die Spannungen des weiter unten beschriebenen Relais hier schon
einmal eingetragen. Natürlich: andere Relais-Typen haben andere Spannungen; also bitte jeweils von Hand
ausmessen!
Wenn wir also eine Schaltung bauen, die normalerweise eine Spannung liefert, die zwischen Anzugsspannung und
Haltespannung liegt, und damit das Relais ansteuern, passiert Folgendes:
- Das Relais kann nicht anziehen, da es dafür zu wenig Spannung erhält;
- Das Relais kann nicht abfallen, da es dafür zu viel Spannung erhält.
Diesen Bereich haben wir mit "bistabil" bezeichnet.
Und schon sind wir eigentlich fertig. Wenn wir nun dafür sorgen, daß die Spannung (nur kurzfristig)
die Anzugsspannung überschreitet, zieht das Relais an und hält diesen Zustand. Wenn wir die Spannung
(wieder nur kurzfristig) unter die Haltespannung erniedrigen, so fällt das Relais ab und bleibt auch abgefallen.
Das Relais verbraucht jedoch ständig einen geringen Ruhestrom; auch, wenn es abgefallen ist.
Nach diesem Konzept könnte man Dutzende verschiedener Schaltungen bauen, die auch funktionieren würden.
Wir wollen hier nur die u.E. 'einfachste' Schaltung betrachten, die zusätzlich zu dem Relais nur noch 2
Widerstände enthält. Leider kommen wir um etwas Rechnen nicht herum; mehr als ein Dreisatz wird
es aber nicht werden. Als Beispiel soll das Relais Typ RY12W K der Fa. Takamisawa dienen (Preis ca. 1,14 €),
dessen Spule für 12 V ausgelegt ist und an 15 V betrieben werden soll.
Funktion der Schaltung:
- Masseimpuls an '/ein' schaltet das Relais ein
- Masseimpuls an '/aus' läßt das Relais abfallen.
Werte des Relais:
Widerstand der Spule: nominal 960 Ω, gemessen 940 Ω
Anzugsspannung: 6,2 V (gemessen)
Haltespannung: 1,0 V (gemessen)
Die Dioden in der Schaltung müssen nicht sein; sie haben keinen Einfluß auf das Funktionieren.
Wenn Sie aber mit den Tastern auch noch etwas Anderes als diese Schaltung betreiben wollen, dann müssen sie
eingebaut werden, am besten noch mit je einem Widerstand nach +. So kann "das Andere" diese Schaltung nicht
beeinflussen. Wir haben die Erweiterung in Rot eingezeichnet.
Und - die benutzten Taster sind Standard-Typen mit einem einzigen Arbeitskontakt.
Einschalten:
Der Strom fließt von '+' über R1, Sp und die untere Diode nach '/ein', das an Masse gelegt wurde.
R1 muß so groß gewählt werden, daß die Anzugsspannung des Relais auch bei kleinster
Versorgungsspannung sicher überschritten wird.
Halten:
Der Strom fließt von '+' durch R1, Sp und R2 nach Masse. Die Spannung an der Spule sollte sich irgendwo
zwischen Anzugsspannung und Haltespannung befinden. Dies ist mit der Wahl von R2 einzustellen.
Abschalten:
Der Strom fließt von '+' über R1, Sp und die obere Diode nach '/aus', das an Masse gelegt wurde.
Am Relais (plus R2) liegt nur die Spannung über der Diode, also ca. 0,7 Volt. Es fällt sicher ab.
Spannungsversorgung:
Nimmt man für R1 680 Ω und für R2 1000 Ω, dann funktioniert die Schaltung bei einer
Versorgungsspannung zwischen 11 und 16 Volt sicher.
Übrigens: wir reden hier von "gleicher" Gleichspannung; nicht von dem, was aus einem Fahrtrafo
herauskommt. Bei Unsicherheit lesen Sie bitte unter
Was ist elektrische Spannung
nach. Eine pulsierende Gleichspannung sinkt ja ständig (d.h. 100-mal pro Sekunde) bis auf Null ab. Es kann
also sein, daß hierbei das Relais nicht sicher gehalten wird.
Es ist darauf zu achten, daß R1 beim Abschalten mit fast 0,4 Watt belastet wird. Bei kurzen Impulsen ist dies
nicht schlimm. Können diese aber nicht garantiert werden, muß hier ein Metallfilm-Typ eingebaut werden,
der bis 0,6 W belastet werden kann. Das bedeutet aber auch, daß R1 möglichst groß gewählt
werden sollte, um die erzeugte Wärme klein zu halten.
Wir empfehlen beim Ausprobieren des R1, die minimale Versorgungsspannung möglichst hoch anzusetzen. Je
höher sie ist, desto höher kann auch der Wert von R1 werden.
Da das Relais seine Einstellung bei Spannungsabschaltung 'vergißt', ist es eher für Anwendungen gedacht,
die beim Einschalten der Spannung eine bestimmte Lage einnehmen müssen, wie z.B. Signale. (Gut: da ist
diese Schaltung auch nicht besser als ein Relais, das sich, wie eingangs beschrieben, mit einem Kontakt selbst
hält.)
Für eine Ansteuerung von Weichenmotoren ist es eher weniger geeignet, weil beim Einschalten der Spannung alle
(nach Murphy's Gesetz) Weichen 'falsch' stehen und ein immenses Geheule losbricht, da sie erst einmal in ihre
Grundstellung laufen müssen.
13.04.2016: Es geht auch ganz anders:
H. Jacke macht einen völlig anderen Vorschlag, der allerdings ein bistabiles Relais erfordert, jedoch mit nur
einer Spule:
Die beiden gezeichneten Widerstände dürfen nur so groß sein, daß das Relais sicher umgeworfen
wird. Diese Schaltung behält ihren Zustand auch über einen Spannungsausfall hinweg. Je nach Tastendruck
fließt der Strom nach rechts oder nach links durch die Spule. Zu beachten ist weiter, daß beim Tasten
Strom durch beide Widerstände fließt; daß bei diesen also die Wärmeentwicklung
beachtet werden muß.
H. Jacke schreibt, er habe eigentlich 2-spulige bistabile Relais kaufen wollen und habe aus Versehen einspulige
bestellt. Aus der Not geboren: wir finden, eine gute Idee, weil mit extrem wenig zusätzlichem Aufwand!
Danke für diesen Tip.
Für weitere Fragen stehen gern zur Verfügung:
- der MEC; Besichtigung und Fachsimpelei z.B. an unseren "Club-Abenden"
- der Autor: Hans Peter Kastner
Version vom: 15.07.2021; erstellt am: 18.09.2004
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