Grundlagen 19: Was ist ein Wärmewiderstand?
Eine andere Bezeichnung ist auch "Wärmeleitwiderstand". Diese macht das Thema deutlicher: wir
betrachten hier Eigenschaften von Materialien, die sich der Ausbreitung von Wärme entgegenstemmen.
Entgegenstemmen: So etwas macht jeder Widerstand, auch ein politischer.
In der Natur haben wir es oft mit Ausgleichsvorgängen zu tun:
- Wasser fließt vom Berg ins Tal
- elektrischer Strom fließt von + nach -
- Wärme fließt von heiß nach kalt.
Diese Ausgleichsvorgänge geschehen nicht schlagartig. Neben der treibenden Kraft gibt es auch immer ein
Hindernis, durch das sich dieser Ausgleich "hindurchquälen" muß. Es entsteht also eine Art
Strömung, die von der treibenden Kraft angetrieben wird und von dem Hindernis gebremst wird.
Genau so, wie beim elektrischen Strom ein (elektrischer) Widerstand definiert wird, existiert so etwas auch bei der
Wärmeübertragung, nur sind hier die Bezeichnungen anders.
Beim elektrischen Strom haben wir definiert: wenn bei einer Spannung von "1" durch ein Bauelement ein Strom von "1"
fließt, so soll dieses den Widerstands-Wert "1" haben. Dabei wird die Spannung in Volt gemessen, der Strom in
Ampere und der Widerstand in Ohm.
Bei der Wärme definieren wir: wenn eine Wärmequelle die Menge "1" liefert, und der erzeugte
(Wärme-)Strom fließt durch einen Gegenstand, der sich dabei um "1" erwärmt, so soll dieser den
Wärme-Widerstands-Wert "1" haben. Es ist also alles eine Frage der Definition, die von uns Menschen erdacht
wurde.
Dies hört sich zunächst schlimm an; ist es aber nicht, wenn wir den Einsen Dimensionen zuordnen:
In der Wärmequelle wird eine Wärmemenge von 1 Watt erzeugt. Diese wird in einen Kühlkörper
abgeleitet, der dann seine Wärme an die Umgebungsluft abgibt. Wenn dieser Kühlkörper sich dabei um
1 Grad erwämt, hat er den Wert von 1 °C/W, so steht es in den Beschreibungen; dabei ist W das Watt.
Während der elektrische Widerstand eine eigene Bezeichnung (Ohm) erhalten hat, muß sich der
Wärmewiderstand mit der Bezeichnung seiner Herkunft (°C/W) begnügen.
Genau wie bei den elektrischen Widerständen ist es auch hier: Ein Widerstand von 2 Ohm leitet den elektrischen
Strom nur halb so gut wie einer von 1 Ohm, und ein Kühlkörper mit 2 °C/W leitet den Wärmestrom
nur halb so gut ab wie einer mit 1 °C/W. Wie die Bezeichnung schon sagt: bei einer Weiterleitung von 1 W
erwärmt er sich dabei um 2 °C.
Auch rechnen läßt es sich genau so einfach wie bei den elektrischen Widerständen: sie werden addiert.
Beispiel:
Wir haben einen Transistor (z.B. Typ BD650), der gekühlt werden muß. Er soll 20 Watt in Wärme
umsetzen. Wie groß muß sein Kühlkörper sein?
Hier haben wir es mit zwei Wärmewiderständen zu tun, die in Reihe geschaltet, also addiert werden
müssen:
- dem innerhalb des Transistors, vom eingebauten Halbleiter-Chip bis zum Gehäuse,
- dem eigentlichen Kühlkörper.
Aus dem Datenblatt des BD650 entnehmen wir:
Tj = 150 °C (Maximaltemperatur, darüber wird er zerstört)
RθJC = 2 °C/W (wir wissen es inzwischen: je Watt wird er innen um 2° wärmer als sein
Gehäuse; das C bedeutet case, also Gehäuse; der griechische Buchstabe θ bedeutet "th", also
thermisch)
RθJA = 62,5 °C/W ist der Wert, wenn man ihn in freier Luft, also ohne Kühlung, betreibt;
das A bedeutet ambience, also Umgebung.
Das heißt aber auch, daß es für ihn schon bei 2 Watt lebensgefährlich wird, da er dann
2×62,5 = 130° heißer wird als die Umgebungsluft von 20°C, also 150°C.
Wenn wir den Transistor auf einen Kühlkörper mit 4 °C/W schrauben, ergibt sich ein Wärmewiderstand
von 2 + 4 = 6 °C/W. Bei den obigen 20 Watt ergibt sich eine Temperatur von 20×6 = 120 °C oberhalb der
Raumtemperatur. Dabei haben wir vorausgesetzt, daß der Wärmekontakt zwischen Transistor und
Kühlkörper ideal ist, was auch unter Einsatz von Wärmeleitpaste (die die mikroskopisch kleinen
Unebenheiten bei der Verschraubung überbrückt) nicht unbedingt erreicht werden kann.
Muß der Transistor jedoch elektrisch isoliert auf dem Kühlkörper befestigt werden, so ergibt sich
durch die Isolation ein weiterer Wärmewiderstand, der zu den anderen addiert werden muß:
Eine Glimmer-Scheibe, passend für den BD650, hat einen Wärmewiderstand von 1,2 °C/W, geht also
erheblich in unsere Rechnung ein; und zwar so stark, daß wir mit unserem Kühlkörper (mit 4 °C/W)
nicht mehr auskommen, sondern einen größeren wählen müssen!
Rechnung dazu:
Wir müssen alle Werte addieren. Es kommt ein Widerstand von 2 + 1,2 + 4 = 7,2 °C/W heraus. Mit 20 Watt
multipliziert, ergibt sich eine Temperatur von 144 °C oberhalb der Raumtemperatur. Dies haben wir in der
Zeichnung dargestellt.
Ein Lüfter würde "mit Gewalt" Luft durch den Kühlkörper drücken und damit
erheblich mehr Wärme entfernen als ohne; s. auch das Innenleben von PCs. Dort müssen viel
größere Wärmemengen abgeführt werden als in unserem Beispiel.
Bitte beachten:
In diesem Beitrag geht es um die Beschreibung, was ein Wärmewiderstand ist und wie man mit ihm rechnen kann.
Aber hier wird keine Empfehlung ausgesprochen, einen Leistungstransistor bis kurz vor seinen Wärmetod
aufzuheizen. Niemals! Der Autor würde eine Kühlung so auslegen, daß der Transistor maximal 100 °C
heiß wird; lieber noch wesentlich weniger!
Man kann durchaus auch anders herum rechnen:
Wenn unser Transistor nur 100 °C heiß werden darf, bleiben für den Kühlkörper nur 16 °C.
Sehen Sie sich dazu das Bild noch einmal an: Es sollen ja nach wie vor 20 W abgeleitet werden, also ändert sich
nichts an der Wärme-Weiterleitung innerhalb des Transistors und der Isolierung, also bleibt die
Temperatur-Differenz zwischen Chip und Kühlkörper (64 °C) bestehen. Und daher bleiben als Differenz bis
zur Umgebungsluft tatsächlich nur noch diese 16 °C! Das ergibt aber ein Bauteil mit 16/20 = 0,8 °C/W;
ganz schön riesig! Schauen Sie sich dazu in den entsprechenden Datenblättern um.
Also sind Kompromisse angesagt!
Und noch etwas: Bedenken Sie, daß es kleine Lötkolben gibt, die mit nur 20 Watt beheizt werden und
funktionieren. Sie erreichen Temperaturen von weit über 300 °C. Also so ganz wenig sind 20 Watt dann auch
wieder nicht ...
Für weitere Fragen stehen gern zur Verfügung:
- der MEC; Besichtigung und Fachsimpelei z.B. an unseren "Club-Abenden"
- der Autor: Hans Peter Kastner
Version vom: 27.10.2022; erstellt am 06.08.2020
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