Tips&Tricks 94: Weiche für das Faller-Car-System

Grundsätzliche Betrachtungen:
Eine Original-Faller-Weiche braucht, wenn sie auf 'Abzweigen' steht, sehr viel Strom und ist nicht ganz ideal in der Auswirkung auf die gesteuerten Fahrzeuge. Diese machen bei Abzweig einen kleinen 'Satz zur Seite'. Außerdem ist der Fahrdraht funktionsbedingt ein kurzes Stück unterbrochen. Etwas besser ist da die Faller-Konstruktion der (um es einmal recht lax auszudrücken) "Schiebeweiche". (Zum Verständnis: Diese beinhaltet zwei Fahrdrähte, die nebeneinander auf einer Schiebe-Konstruktion befestigt sind. Je nach Stellung der Weiche wird der eine oder der andere Draht vor den ankommenden Fahrdraht geschoben und bewirkt so eine Geradeaus- oder abzweigende Fahrspur.) Diese Weiche ist aber offensichtlich schwer einzubauen und braucht sehr viel Platz auf der Straße, da immer neben dem aktiven Drahtstück das unbenutzte liegt. Ein enges Zusammenbauen von mehreren Weichen nebeneinander scheint schlecht möglich.
Ideal wäre eine Weiche, die einen Fahrdraht zur Seite schwenkt, ähnlich wie bei einer Transrapid-Weiche. Hier könnte das Fahrzeug in einem sanften Bogen in die neue Fahrtrichtung gelenkt werden. Eine derartige Weiche müßte natürlich wesentlich mehr Platz beanspruchen als eine Original-Weiche, aber weniger als eine "Schiebeweiche". Wir haben dies versucht, sind aber zu unbefriedigenden Ergebnissen gekommen. Unsere Konstruktion war zu umständlich und damit störanfällig.

Das Pflichtenheft:
Unsere Neukonstruktion sollte ein Normteil werden, das mit einmal festgelegten Eigenschaften am Basteltisch in Serie gefertigt werden kann und dann, ähnlich wie eine Eisenbahn-Weiche, bevorratet werden kann. Wir wollten weg von dem individuellen "Gekleckse", was uns immer wieder zur Weißglut gebracht hat. Bei Störungen, die einen Ausbau der Weiche zur Folge haben, sollte in der Anlage der Antrieb gewechselt werden können, ohne den Straßenbelag zu beschädigen, und ohne Justierungen vor Ort.

Unsere Lösung:
Einbau Wir haben uns eine Weiche ausgedacht, die wie die "Schiebeweiche" zwei Fahrdrähte besitzt, die aber nicht nebeneinander liegen, sondern auf einem Drehteller, wobei sie sich unter genau 90° kreuzen. Dieser Drehteller wird um 80° hin- und hergedreht und stellt somit die beiden Fahrtrichtungen dar. Wird der Drehteller zur "anderen" Seite gedreht, kann aus einer Rechts- auch eine Linksweiche gemacht werden. Sogar eine Y- oder eine Dreiwegweiche sind möglich!
Bei den beiden nebenstehenden Bildern blicken wir von unten unter das Trassenbrett. Die beiden Rundhölzer neben den Schrauben dienen zur Ausrichtung des Antriebs.
Klötzchen Die Konstruktion besteht straßenseitig aus einer 25-mm-Bohrung in der Trasse und aus einem 30-mm-Deckel, der fest in die Straße eingebaut wird und die Bohrung nach oben abschließt. In diesen Deckel werden die Enden der Fahrdrähte eingelassen, mit genau festgelegten Entfernungen und Abzweigwinkeln entsprechend unserer Norm. Hierin werden hauptsächlich die Abzweigwinkel auf 20° festgelegt, aber auch die Abmessungen des Servo-Antriebes..
Mit einer Lehre werden an der Unterseite des Trassenbretts Aufnahmen zur Befestigung des Antriebs eingerichtet, mit einem unserer Norm entsprechenden Abstand zur Straßen-Oberfläche.
Servo Der Antrieb selbst besteht aus einem Servo, der auf seiner Achse den beschriebenen Drehteller trägt. Oben auf dem Drehteller werden aus Magnetstreifen (3x1 mm) die beiden "Fahrdrähte" befestigt. Wir haben Magnetstreifen (natürlich polrichtig!!) verwendet, weil konstruktionsbedingt der Abstand zum Führungs-Magneten der Fahrzeuge etwas groß erschien. Wir haben den abzweigenden Streifen nicht im Bogen geführt, wie es theoretisch hätte sein müssen, weil es gegenüber der geraden Führung nur eine geringe Verbesserung brachte, aber wesentlich einfacher zu bauen war. Die Fahrzeug-Lenkung macht also kurz hintereinander zwei 10°-Knicke, um auf den geforderten Abzweigwinkel zu kommen.
Am Servo wird seitlich die Ansteuerungs-Elektronik befestigt. Beide zusammen bilden ein einziges Bauteil, das am Basteltisch nach unserer Norm einjustiert wird. Nach diesem Schritt ist der Antrieb fertig und kommt dann in den Vorrat.
Der weiße Stecker links an der Elektronik (4-polig) dient der Stromversorgung und der Ansteuerung, die 5-polige Buchse oben ist für Programmierung des PIC (SMD, unten) und für die Justierung gedacht. Der PIC speichert die Endlagen und die Drehgeschwindigkeit. Somit sind hierfür keine Einsteller auf der Platine vorgesehen. Dies hat den Vorteil, daß die Pulsbreiten der Servo-Ansteuerung auf 1µs genau eingehalten werden und somit ein Zittern des Servo mit Sicherheit vermieden wird.
Justierbrett Als Justier-Hilfsmittel dient ein Trassenbrett mit aufgezeichneten Linien, die die Abzweigwinkel darstellen. Im oberen Bild sehen Sie die Einstellung für Geradeausfahrt und darunter für Abbiegen. Hier erkennen Sie gut die 2x 10° Abzweigwinkel auf dem Drehteller. Der Magnetstreifen ist mit Absicht außermittig angebracht, da der Führungsmagnet der Fahrzeuge mit Sicherheit am Rand des Streifens laufen wird. Somit ist ein ruckfreies Einkoppeln auf den Fahrdraht gewährleistet.
Zu Ihrer Orientierung haben wir gelbe Pfeile eingezeichnet.
Und ganz zum Schluß wird auch klar, warum wir den Drehteller "nur" um 80° drehen dürfen!

Weitere Verwendungen:
Unsere Konstruktion kann auch als Kreuzung verwendet werden; bitte vor dem Kopfschütteln erst weiterlesen!!
Kreuzungsweiche Es kommt leider vor, daß bei Kreuzungen, die einen flachen (oder: kleinen) Kreuzungswinkel haben, die Fahrzeuge nicht "ihren" Fahrdraht (geradeaus oder gegenüber) finden, sondern den "falschen" erwischen und somit evtl. in den Gegenverkehr geraten und dort Chaos verursachen.
Abhilfe kann ein erzwungener sehr großer Kreuzungswinkel schaffen, was aber viel Platz beansprucht und unschön anzusehende "Schlenker" beim Fahrverhalten der Autos zur Folge hat.
Man kann aber auch die in diesem Beitrag beschriebene Weiche einsetzen, die sich am Kreuzungspunkt immer in die gerade gewünschte Fahrtrichtung einstellt, es also einem Fahrzeug unmöglich macht, auf "die falsche Bahn" zu gelangen. Wenn man in die zulaufenden Fahrdrähte Reed-Kontakte einbaut, die die "Kreuzungs-Weiche" entsprechend stellen, ist schon alles vollautomatisiert; und man braucht sich um nichts Zusätzliches zu kümmern. Dies haben wir im nebenstehenden Bild dargestellt. Es werden 2 Situationen gezeigt, wobei ein Pfeil ein herannahendes Auto darstellt und der kleine Kreis daneben den in die Straße eingebauten Reedkontakt. Je nachdem, von wo ein Auto kommt, wird die Weiche in die richtige Position gestellt.
Unsere Elektronik ist so ausgelegt, daß die beiden Reed-Kontakte direkt angeschlossen werden können.

Wenn man durch geänderte Programmierung den PIC dazu bringt, mehr als 2 Positionen anzusteuern, kann man auch eine Kreuzung mit mehreren sich schneidenden Fahrspuren bauen, was "ohne" unmöglich wäre!!
Der riesige Vorteil dabei ist, daß man im Design seiner Straßenverläufe keine Kompromisse mehr eingehen muß.

im März 2019:
Beim Einstieg in die Serienfertigung stellten wir fest:
Servos sind beileibe keine Normteile, sondern sie unterscheiden sich unmerklich in wesentlichen Teilen.
So ist weder die Geometrie, also die äußeren Abmessungen, genau gleich, sondern sogar die Wellen zur Aufnahme der Ruderhörner unterscheiden sich; somit also auch die jeweils beigelegten Ruderhörner. Sie passen nicht auf "fremde" Servos. Und wenn doch, so ist das reiner Zufall.
Man muß sich also von der Annahme freimachen, man könnte so ohne weiteres fehlende Ruderhörner nachkaufen, oder seinen Servo-Pool durch Aufkauf von Restposten oder Einzelstücken auffrischen.
Beispiel: wir hatten Ruderhörner mit Drehtellern auf Vorrat bestückt oder andere, für die Stopstellen, mit Permanentmagneten beklebt. Nun stellt sich heraus, daß diese nicht auf die erst jetzt gekauften Servos passen. Also alle Arbeit "für die Katz'".

Wir haben uns dann auf die Suche nach preiswerten "neuen" Servos gemacht und sind in Fernost fündig geworden. Dort haben wir eine größere Anzahl baugleicher Servos geordert, zu einem sehr kleinen Preis. Der lag sogar niedriger als mancher "Restposten" aus Europa. Die Qualität war nicht berauschend, aber bei unter 10% Ausschuß kann man nichts sagen.

Für weitere Fragen stehen gern zur Verfügung:
- der MEC; Besichtigung und Fachsimpelei z.B. an unseren "Club-Abenden"
- der Autor: Hans Peter Kastner

erstellt am: 07.01.2015; Version vom: 23.04.2020;
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